IT-Versagen der Regierungen darf nicht zu Lasten der Gefangenen fallen
IT-Versagen der Regierungen darf nicht zu Lasten der Gefangenen fallen. Bündnis zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe fordert Vollstreckungsstopp, Sammelgnadenerlass und Aufklärung.
ZUR SOFORTIGEN VERÖFFENTLICHUNG: Das Bündnis zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe lehnt den heute vom Rechtsausschuss des Bundestages beschlossenen Gesetzentwurf entschieden ab
Der Bundestag hat eine historische Chance vertan: Anstatt der Ersatzfreiheitsstrafe und damit einer klaren Form der Armutsbestrafung ein Ende zu setzen, beschließt der Rechtsausschuss eine halbherzige Reform. Nicht eine*r der über 55.000 jährlich Betroffenen wird dadurch vor dem Gefängnis bewahrt.
Justice Collective geht in den Bundestag!
Am Montag, den 17. April 2023, wird Justice Collective vor dem Rechtsausschuss des Bundestages zu den geplanten Reformen der Ersatzfreiheitsstrafe aussagen.
PRESSEDOSSIER ZUR ERSATZFREIHEITSSTRAFE ABSCHAFFEN! KUNDGEBUNG | JVA PLÖTZENSEE | 31 MAI 10:00
das Bündnis zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe wird am 31. Mai 2022 ab 10:00 Uhr eine Kundgebung vor dem Hauptportal der Justizvollzugsanstalt Plötzensee, Friedrich-Olbricht-Damm 16 in 13627 Berlin abhalten.
Justice Collective und 14 weitere Gruppen fordern von Berlins Justizsenatorin: Gnadenerlasse für alle, denen in Berlin Ersatzfreiheitsstrafe droht!
Justice Collective, zusammen mit #BVGWeilWirUnsFürchten, Ihr Seid Keine Sicherheit, Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., und vielen weiteren, drängen die Justizsenatorin dazu, den COVID-bedingten Vollstreckungsstopp für Ersatzfreiheitsstrafen fortzusetzen, sowie einen Sammelgnadenerlass auszusprechen für alle, denen in Berlin eine Haftstrafe wegen Geldschulden droht.
Justice Collective in Jacobin über Strafrechtsreform
Justice Collective hat für Jacobin aufgeschrieben, weshalb das Strafrecht wird nicht erst durch seine unvollkommene Umsetzung unfair wird, sondern systematisch Ungleichheiten reproduziert. Eine Reform muss deutlich weiter gehen als das, was die Ampel bisher diskutiert.
Strukturelle Ungerechtigkeit im Deutschen Tagessatz-Strafsystem
Interviews mit Richter*innen und Staatsanwält*innen zeigen an, wie dringlich Deutschland seine Bestrafungspraxis bei geringfügigen Vergehen überdenken muss. Circa 500.000 geringfügige Vergehen führen in Deutschland jährlich zu einer Geldstrafe. Gestraft wird vielfach bei Fällen, die in direkter Verbindung mit Armut und anderen sozialen Problemen stehen und durch nicht-punitive Sanktionen bearbeitet werden könnten. Bei der Berechnung der Höhe von Geldstrafen priorisieren die Gerichte die Effizienz, so dass Geldstrafen oft zu hoch ausfallen, um von den Betroffenen bezahlt werden zu können. Insgesamt richtet dieses System bedeutenden Schaden an und alternative, sozialpolitische Lösungen müssen bedacht werden.
Bestrafung geringfügiger Vergehen in der Schweiz
Im Fall Lăcătuş v. Switzerland entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass ein Schweizer Gesetz, das Betteln mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen ahndet, das Recht einer Person auf Würde insofern verletzt, als dass es Armut kriminalisiert. In diesem Beitrag legen wir dar, dass die in Lacatus beschriebene Bestrafung von Armut allerdings keine Ausnahmeerscheinung ist: Schweizer Gerichte verhängen unverhältnismäßige Strafen gegen Menschen mit geringem Einkommen, gegen rassifizierte Menschen und gegen Migrant*innen. Die angeklagten Personen müssen mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen, bis hin zu Gefängnisstrafen.