PROJEKTSTART: Rassismus in Strafgerichten und im Strafrechtssystem

Justice Collective startet ein neues Forschungsprojekt zum Rassismus in der Justiz und im Strafrechtssystem, das im April mit einer Gerichtsbeobachtung in Berlin beginnt. Wir werden uns mit "Massendelikten" befassen, also mit Fällen wie Körperverletzung und geringfügigem Diebstahl, um die täglichen Erfahrungen zu verstehen, die rassifizierte Menschen mit Bestrafung machen. Wir wollen zeigen, wie struktureller Rassismus tagtäglich in den Gerichten umgesetzt wird - durch die Art und Weise, wie Gerichtsakteur*innen (Richter*innen, Staatsanwält*innen, Anwält*innen und andere) miteinander interagieren, wie das Gesetz ausgelegt wird und wie die Gerichte mit anderen Institutionen, einschließlich der Polizei und dem Migrationsregime, zusammenarbeiten. Durch diese Arbeit werden wir die strukturelle Rolle der Gerichte bei der Aufrechterhaltung von Ungleichheiten beleuchten. Unsere Fallzusammenfassungen werden in einer öffentlichen Datenbank verfügbar sein, als Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen gegen Rassismus in Gerichten und im Strafrechtssystem.

Wir starten diese Forschung, weil wir wissen, dass die weit verbreitete Anwendung von Racial Profiling durch die Polizei, einschließlich Praktiken wie die sogenannten "kriminalitätsbelasteten Orte", bedeutet, dass Menschen aus rassifizierten Communities häufiger von der Polizei kontrolliert werden. Dies bedeutet auch, dass Menschen aus rassifizierten und migrantischen Gruppen häufiger kriminalisiert und zu Strafen verurteilt werden: Auch wenn die Datenlage unvollständig ist, wissen wir, dass etwa ein Drittel der Verurteilungen wegen geringfügiger Delikte gegen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit gerichtet ist. Untersuchungen zeigen auch, dass nicht-deutsche Personen härtere Strafen erhalten als Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft.

Während wir diese Anhaltspunkte und ein gewisses Verständnis der strukturellen Rolle haben, die Bestrafung und Polizieren bei der Aufrechterhaltung von Grenzen und anderer Ungleichheiten spielen, gibt es noch viel mehr über Bestrafung und Rassismus im deutschen Kontext zu verstehen. Gleichzeitig hat der Aktivismus der letzten Jahre - auch im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren in Fällen von rassistischer Polizeigewalt oder als Teil der Bemühungen, das deutsche Migrationsregime in Frage zu stellen - gezeigt, dass die Gerichte den Opfern rassistischer Gewalt nicht gerecht werden. Diese Arbeit zeigt, dass die Gerichte eine wichtige Institution sind, um zu verstehen, wie struktureller Rassismus und Bestrafung zusammenhängen.

Vor diesem Hintergrund wird Justice Collective Strafprozesse beobachten und versuchen, einige der Lücken in unserem Wissen und kritischen Verständnis zu schließen, um darüber nachzudenken, wie wir diese Ungleichheiten abbauen können.

Die empirische Forschung wird in Partnerschaft mit der Universität zu Köln, Institut für Kriminologie, im Rahmen unseres gemeinsamen Projekts JuRa (Justiz und Institutioneller Rassismus) durchgeführt, das vom BMBF gefördert wird.


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